Aber nun erst einmal der Reihe nach! Um was handelt es sich denn genau bei einem Sake?
Ist es nun ein „Reiswein“ oder eher ein „Reisbier“?
So eindeutig lässt sich das leider nicht definieren, es bestehen aber eher Ähnlichkeiten zum Bierbrauvorgang. So muss die Reisstärke für die alkoholische Gärung erst zu Zucker umgewandelt werden. Man spricht auch von den Sake-Brauereien mit ihren Braumeistern. Der Alkoholgehalt jedoch liegt bei stattlichen 15-22% Alc. und der Koji-Pilz, welcher zur Fermentation eines Teils des poliertem Reises verwendet wird, könnte der Schwippschwager des Botrytis-Pilz sein, welcher für die Edelfäule bei Trockenbeerenauslesen zuständig ist.
Also doch nicht so wirklich das eine oder das andere.
Fazit: Sake ist ein alkoholhaltiges Getränk aus Reis… Punkt.
Nun muss man wissen, dass der Anteil an gewöhnlichem Standard-Sake etwa 70% der Produktionsmenge in Japan beträgt. Dieser nennt sich „Futsu-shu“ und ist in der Qualität einem Landwein ähnlich. Das gesamte Jahr über wird dieser in Großbrauereien größtenteils automatisiert hergestellt, darf mit Zucker, Aminosäuren und Aromen verschnitten werden. Oft wird normaler Tafelreis verwendet. Ich will nicht sagen, dass es sich hier immer um billigen Fusel handeln muss, auch hier hat man ab und an einen Überraschungstreffer. Zum Kochen sind diese allemal ok, aber eher nichts für den sinnlichen Genuss auf der Terrasse mit Blick auf den Sonnenuntergang am Horizont.
Somit widmen wir uns dem Premium-Sake und den Poliergraden:
Premium-Sake muss deutlich strengere Richtlinien erfüllen, vergleichbar mit einem Grand-Cru. So sind z.B. nur spezielle Reissorten zugelassen, auch muss ein Teil des Reises mit dem Koji-Pilz „geimpft“ worden sein. Einzig zugelassenen Zutaten sind: Reis, Koji-Pilz, Wasser, Brauhefe und in manchen Fällen etwas Alkohol. Und dann der Poliergrad. Dieser sagt aus, wieviel Anteil der äußeren Schichten des Reiskorns abgetragen (poliert) wurden. Nun wird auch ein Schuh daraus, dass für die Premium-Sake spezielle Reissorten über Jahrhunderte entwickelt wurden. Bei diesen Sorten befindet sich die Stärke nämlich im Herz des Korns. Außen herum tummeln sich Fette und Proteine, welche einen negativen Einfluss auf das Aroma des Sake haben können, wenn man beispielsweise einen leichteren und fruchtigeren Sake erzeugen möchte. Letztlich will man hauptsächlich die kompakte reine Stärke im Inneren und trägt recht zeitaufwändig die äußeren Schichten ab, bis zu 50% und mehr und das über teils mehrere Tage. Dabei gibt der sog. „Poliergrad“ an, wieviel vom Reis übriggeblieben ist. Und das muss bei den Premium-Sorten auf dem Etikett stehen. Je kleiner die Zahl, umso aufwändiger und hochwertiger der Sake. Bei 30% und knapp darunter ist dann ziemlich Schluss, als Ikone gilt der Dassai 23. Der Aufwand für das “Wegpolieren” von über 70% des Urspungsreis dauert dann mal so ca. 170 Stunden! Diese niedrigen Poliergrade sind das Revier der Edelreissorten Yamada Nishiki und Gohyakumangoku.
Von links nach rechts: Originalkorn - 50% - 36%
Folgende Premium-Sake Klassifikationen gibt es:
Daiginjo: Premium-Sake aus Reis unter 50% Poliergrad
Ginjo: Premium-Sake aus Reis unter 60% Poliergrad
Honjozo: Premium-Sake aus Reis unter 70% Poliergrad
(Honjozo bedeutet soviel wie „echt gebraut“)
Stehen diese Begriffe für sich alleine, dürfen bis zu 10% des Reisgewichtes an Braualkohol vor der Pressung zugeführt werden. Dadurch werden Aromen mehr ausgeprägt, es entsteht ein leichter und frischer Premiumsake, der sehr gut zu Fisch und Meeresfrüchten passt.
Weitere Angaben auf dem Etikett:
Junmai: Dieser Zusatz im Namen bedeutet „purer Reis“. Außer Wasser, Reis, Kōji-Pilz und Hefe sind keine Zusatzstoffe erlaubt, auch nicht die Zugabe von Braualkohol. Meist ein kräftiger und vollmundiger Kollege.
Genshu: (gen = ursprünglich, shu = Alkohol allgemein): nicht mit Wasser verdünnt, direkt aus der Pressung (kann 18-22% Alc. enthalten)
Tokubetsu: (bedeutet „besonders“) und bringt damit zum Ausdruck, dass dies eine Verfeinerung z.B. eines Honjozo darstellt. Hierbei muss der Braumeister mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
A. Poliergrad mindestens 60%
B. Es wurde eine besondere, anerkannte Technik verwendet
C. Es wurde eine spezielle Reissorten verwendet
Wie trinkt man Sake?
Sowohl bei den Trinkbehältern als auch bei der idealen Temperatur ist Experimentierfreudigkeit gefragt. Natürlich gibt es die typischen kleinen Ochoko-Schälchen, auch Snake-Eye-Cups für Tastings und Traditionen werden gerne in und mit der viereckigen Masu-Holzbox zelebriert. Wir hingegen trinken gerne aus unseren normalen Weingläsern, mal Weiß- und Rotwein. Mittlerweile gibt es sogar von Riedel hier spezielle Sake-Glasserien, ja – die Österreicher!
Ähnliches gilt für die Serviertemperatur. Auf vielen Flaschen steht ein sehr dehnbares “chilled or warm, max 45°C”. Das lässt Platz für Interpretation. Im Grunde ist es eine persönliche Vorliebe. Fakt ist jedoch, dass sich die Temperatur auf die Aromenentfaltung auswirkt:
Je kälter, desto mehr frischere und fruchtigere Noten
Je wärmer, desto herzhaftere (Umami) und kräftigere Reisnoten
Spannend ist auch, wie sich der Sake mit der Temperatur entwickelt. Hierzu kann man auch schön die kleinen Masu-Holzboxen mit heißem Wasser befüllen, die kleinen Karaffen hineinstellen und beobachten, was mit dem Sake geschieht. Weit über 50°C sollte man allerdings nicht gehen, da hier die Sake-Aromatik nachhaltig zerstört wird.
Viel Spaß beim Experimentieren
Unser aktueller Favorit: Selbstgemachte Tagliatelle aus Hartweizengries mit Ei, Tomatensoße mit Zwiebeln und Knofi, Kapern, Oliven, Babyspinat und frischen Pilzen kombiniert mit einem Junmai Daiginju Genshu von Akashi-Tai gekühlt bei ca. 10°C. (Wir verkosteten auch einen Rosé von Brancaia zum Vergleich, doch der Sake war unsere 1. Wahl!)
In unserem Fall liegt der Poliergrad bei 38% und es wurde zu 100% die Reissorte Yamada Nishiki aus der Präfektur Hyogo verwendet.