Amarone - der Grandseigneur aus Norditalien

Amarone - der Grandseigneur aus Norditalien

Das große Weinland Italien hat einiges an hervorragenden Exemplaren aufzubieten. Allen voran die Big-5 aus den bekannten Regionen. Da wäre der Barolo aus dem Piemont, der Brunello di Montalcino und der Chianti aus der Toskana, natürlich die berühmten Vini di Tavola (heutige IGT – also Landweine) und der Amarone della Valpolicella. Der what?

Ja, richtig gehört! Gibt man bei Google oder ChatGPT als Suche ein: „die größten italienischen Rotweine“ wird der Amarone aus Venezien immer aufgelistet. Und das zurecht, finden wir.

Ein Amarone della Valpolicella, oft nur als Amarone abgekürzt, ist einer der prestigeträchtigsten und charaktervollsten trockenen Rotweine Italiens. Er stammt aus der Region Venetien, genauer gesagt aus dem Valpolicella-Gebiet nördlich von Verona. 

Beim Namen kann man leicht auf die falsche Fährte gelockt werden, denn Amarone leitet sich nicht vom italienischen „amabile“ ab, was so viel wie lieblich bedeutet. Zwar findet man in beinahe jedem Amarone den Geschmack von Amarenakirschen, Zwetschgenkompott, Rosinen, Gewürzen und Kakao, was eine gewisse Süße suggeriert. Und doch ist dieser Gaumengigant trocken ausgebaut und zugleich hoch im Alkoholgehalt. Nein! Der Name leitet sich vom „amaro“ ab und bedeutet übersetzt „bitter“, was dem Reichtum an Tanninen zuzuschreiben ist und den Amarone mit einer leichten Bitternote auszeichnet.

Diese Tannine in Verbindung mit einem hohen Extrakt und üppigem Alkoholgehalt sind verantwortlich für sein enormes Lagerpotenzial von 10, 20 und noch deutlich mehr Jahren.

Die Geschichte des Amarone della Valpolicella

Wir beteiligen uns hier nicht an den Mythen und Legenden, die um den Ursprung des Amarone kreisen. Jedoch dürfte hier wieder Bruder "Zufall" im Spiel gewesen sein und ein vergessenes Fässchen in den 1930er Jahren uns diesen Blockbuster beschert haben.

Sei's drum - erwiesen ist jedenfalls die Erhebung in den DOC-Status im Jahre 1968 und dann im Jahr 2010 schließlich die DOCG- Ernennung. Muss nun nicht unbedingt etwas heißen, denkt man an das Meer an flachen und langweiligen Chianti, die neben den (gottseidank) unzähligen hochwertigen Exemplaren auch mit DOCG-Bändchen angeboten werden.

Beim Amarone della Valpolicella trifft diese Aussage nicht zu, vermutlich da die Regularien reichlich und umfassend  sind und ein einzigartiges und aufwendiges Herstellungsverfahren einer "Massenwein-Produktion" im Wege steht. Doch der Reihe nach!

Da ist zuallererst die geographische Einordnung. Trauben für einen Amarone della Valpolicella dürfen ausschließlich aus 19 festgelegten Gemeinden in Venetien kommen. Und wir reden hier von nur ca. 4.000 ha, also etwa 1/6 der Rebfläche für Chianti.

Trauben ist übrigens ein gutes Stichwort. Denn die Rebsorten unterliegen strengen Vorgaben. So muss ein Amarone mindestens 45 % der roten Corvina enthalten - von ihr dürfen aber nur maximal 95 % drin sein. Hier zeigt sich schon der Gegensatz zu Brunello di Montalcino oder Barolo, die zu 100 % aus Sangiovese beziehungsweise Nebbiolo bestehen müssen.

Ein Amarone ist nie reinsortig! Zum Anteil an Corvina (Veronese) ist nämlich auch noch ein Minimum von 5 % der roten Rondinella vorgegeben. Ihr Anteil darf auf bis zu 30 % gesteigert werden. Auch die rote Corvinone darf mit rein - und zwar mit bis zu 50 %. Weitere, meist alte autochthone Rebsorten wie Molinara, Dindarella oder  Oseleta sind in kleinen Mengen ebenso zugelassen und komplettieren meist die Assemblage. Klingt interessant, ist es auch.

Das Attribut' "Interessant“ gilt auch für die Herstellung, viele sagen:

Die Seele des Amarone: Das Appassimento-Verfahren!

Bei diesem besonderen Verfahren werden die früh und per Hand gelesenen und gesunden Trauben auf Gittergestellen oder Matten mindestens 100 Tage lang getrocknet, um die Aromen sowie Zucker und Phenole zu konzentrieren. Erst wenn sie bis zu 40-50 % ihres Volumens verloren haben (also Wasser), geht es an die Weinbereitung. Nun ist dieses Appassimento-Verfahren keine Exklusivität unseres  Amarone della Valpolicella. Halb rosinierte Trauben werden auch für viele andere Weine und Weinstile verwendet. Die kennt man unter Ripasso, Passito, Strohwein oder Vin de Paille. Man kennt den Primitivo oder auch den Vin Santo. Der kleine aber feine Unterschied: sie sind eher süß, oder wenigstens halbtrocken Ein Amarone della Valpolicella ist jedoch immer trocken ausgebaut.

Und hier kommt das "Miracolo dell'Amarone" - das Wunder ins Spiel.

Normalerweise wandeln spezielle Hefebakterien den Zucker in Alkohol um, das ist auch beim Amarone so. Viel Zucker (und davon haben die getrockneten Trauben reichlich) – viel Alkohol. Bei 15 Volumenprozent Alkohol sterben dann die Hefebakterien-Stämme nach und nach ab. Die Gärung endet, obwohl noch restlicher Zucker vorhanden ist und man erhält... Tataaaaa: Einen Süßwein.

Den nennt man in der Umgebung von Verona übrigens Recioto (Anm.: Bekanntester Nachbar ist z.B. der Recioto di Soave).

Doch warum ist der Amarone nun trocken?

Heute ist bekannt, dass spezielle Hefestämme ab einem bestimmten Prozentsatz an Alkohol wieder aktiv werden und die Gärung neu aufleben lassen. Diesen ist es zu verdanken, dass ein Amarone auch gut und gerne 17 oder 18 % vol. Alkohol haben kann und dabei eben trocken ist (meist unter 5g/l RZ).  In den 1930er Jahren konnten sich die Winzer im Veneto dieses nicht erklären und so deklarierten sie den Vorgang kurzerhand zum "Miracolo dell'Amarone“. Ob Don Camillo (besser: Don Promillo :) beteiligt war, man weiß es nicht! Späßchen…

Doch, wir sind noch lange nicht fertig! Nach einer langsamen Gärung, die oft mehrere Wochen dauert, geht es zur Reifephase. Auch für diese gibt es Vorgaben:

Ein „normaler“ Amarone della Valpolicella DOCG muss mindestens 24 Monate im Holzfass reifen. Einige Winzer experimentieren seit Jahrzehnten auch mit kleineren französischen Barrique-Fässern, aber meist wird in großen Holzfässern von 4000 bis 8000 Liter ausgebaut, um die  feineren Nuancen besser herauszuarbeiten. Und diese feinen Nuancen herauszuarbeiten ist bei einem solchen Brummer echt eine Aufgabe!

Für den Zusatz „Riserva“ muss der Amarone dann mindestens 48 Monate im Fass verbleiben. Den meisten Weinmachern genügen diese Mindestanforderungen jedoch nicht und so liegen viele Exemplare 5, 6-Jahre oder länger im Fass und weitere Monate in der Flasche, bevor sie auf den Markt kommen. Ein Mordsaufwand!

Abb.: Fasskeller von Ca´ La Bionda.

Das Ergebnis ist ein wuchtiger Wein voller Traditionen mit großer Struktur, Komplexität und Intensität. Die Aromen Entfaltung ist enorm! Man findet getrocknete Pflaumen, Schwarzkirschen, reife Beeren, Trockenfrüchte, daneben Zimt ‚Pfeffer und weihnachtliche Gewürze bis hin zu Kakao, Schoko, Karamell und Tabak. Eine einzigartige Kombination aus lieblich-fruchtigen Noten und einer herben, bitteren Komponente, die dem Amarone  seinen trockenen Charakter verdankt.

Der Amarone della Valpolicella DOCG ist ein samtig, warmer Meditationswein, aber auch ein perfekter Partner zu kräftigen Wild- und Schmorgerichten, gereiftem Käse wie Pecorino di Fossa oder Risotto mit Trüffel. Hier geht's zu unseren Amarone.

 

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