Warum nennt man Sie den roten Prüm?
R.P.: Zur Unterscheidung mit meinen Verwandten aus der Prüm-Dynastie, es gab halt eher wenig rothaarige Winzer an der Mosel. Im Rückblick muss man sagen, dass es einen genialen Effekt hatte, der so gar nicht geplant war. Nun kannte mich jeder.
Was macht die Prüm Weine so besonders?R.P.: Trockene Rieslinge waren schon immer mein Steckenpferd. Als ich Anfang der 70er Jahre mit trockenen Mosel-Rieslingen experimentierte, war es ein schwerer Weg, von vielen belächelt. Hochwertige trockene Weine machte keiner und wollte keiner. Halbtrockene und Süße Weine, Spätlesen, Auslesen dominierten den Markt, das konnten viele. Mit einer opulenten Süße konnte man auch Schwächen überdecken, besonders in nicht so perfekten Jahrgängen. Die Nachfrage nach trockenen Exemplaren war überschaubar, natürlich auch das Angebot. Die ersten Jahre von 1971-1973 waren hart. Erst ab Mitte der 1970ern kam nach und nach der Erfolg, ab 1977 dann der Durchbruch. Hier habe ich erkannt, dass mein konsequentes Durchhaltevermögen ein Schlüssel zum Erfolg war. Auch heute gehört mein Herz den trockenen Großen Gewächsen.
S.P.: Unser konsequentes Streben nach Qualität und das Terroir unserer Lagen hervorzuheben, besonders der Wehlener-Sonnenuhr, wobei ich den Ausdruck Terroir auf mehr beziehe als nur den Boden. Es ist eher das Gesamtwerk aus Lage, Arbeit im Weinberg, Erfahrung, die Philosophie… Es ist schon etwas ganz Besonderes, sich um Rebstöcke kümmern zu dürfen, welche mein Urgroßvater vor über 125 Jahren gesetzt hat.
R.P.: Charaktervolle Weißweine von der Mosel als perfekte und universelle Essenbegleiter zu kreieren, das ist unsere Leidenschaft. Unsere langlebigen Rieslinge sind unsere Antwort auf einen Rotwein. Die hohe Alterungsfähigkeit ist beeindruckend.
Was war ihr schönstes vinophiles Erlebnis?
R.P.: Meine “Vision”, das Experiment einen besonderen Riesling zu erschaffen – lange bevor man hierzulande von Natur- oder Orangewein sprach. In 1995 reiften die ersten Gedanken und es gab einen ersten Versuch, dieser gärte 3-Jahre vor sich hin und lag dann noch mehrere Monate auf der Hefe. 2001 dann war meine “Vision” perfekt: ein trockener Riesling in hochgradiger Spätlese-Qualität mit langer, 12-monatiger Spontanvergärung und einem ebenso langen Feinhefelager. Ein stahlklarer mineralischer Wein, der heute nach über 20-Jahren erst so richtig in Fahrt kommt und man ihm die Jahre nicht anschmeckt.
S.P.: (überlegt) Mir fällt es schwer DAS schönste Erlebnis zu benennen, denn es gab 2 besondere Begegnungen. Die erste war ein 1911er Wehlener Hammerstiel Riesling aus der Feder meines Urgroßvaters, welchen ich an dem 55ten Geburtstag meines Vaters erleben durfte und der über Umwegen wieder nach Wehlen zurückkam. Ich war begeistert von der lebhaften Säure dieses Methusalems und spätestens da teile ich die Leidenschaft meines Vaters für trockene Rieslinge. Die 2. Begegnung war mit Robert Mondavi in Napa bei einer Weinreise 2002. Zum Lunch mit ihm tranken wir einen 1920er und 1959er Riesling von S.A. Prüm. Ich glaube, danach war er überzeugt, dass solche Rieslinge nur an der Mosel möglich sind und er verwarf seine Idee, dass dies auch in Kalifornien machbar sei (lacht).
Welche ihrer Lagen ist ihr persönlicher Favorit, bzw. welchen Wein schätzen Sie am meisten?
S.P. und R.P.: (zugleich wie aus der Pistole geschossen) natürlich unsere Wehlener Sonnenuhr Alte Reben, aus wurzelechten Rebstöcken die bis ins Jahr 1905 zurückreichen! Die Historie, die unser Weingut mit dieser Lage und unseren Vorfahren verbindet, ist etwas ganz Einzigartiges. Sowohl der Erbauer der Sonnenuhr im Jahr 1842 Jodocus Prüm als auch der Urgroßvater und Gründer von S.A. Prüm, Sebastian Alois Prüm spiegeln sich in der Geschichte dieser Großen Lage wider. Das Zitat von Saskia: “Die Wehlener Sonnenuhr braucht kein Grosses-Gewächs, aber das Grosse-Gewächs die Wehlener Sonnenuhr” ist selbstbewusst, aber sicher zutreffend.
Gibt es einen Winzer (Kollegen), den Sie ganz besonders schätzen?
Würden Sie heute etwas anders machen und wenn ja, was?R.P.: Die Kollegen der Weingüter Fritz Haag und Karthäuserhof. Mit Ihnen verbindet uns eine lange Freundschaft. Da mein Vater früh verstorben war, waren Sie die einzigen an die ich mich immer wenden konnte. Gerade in meiner jungen Schaffensperiode Anfang der 1970ern konnte ich mir manchen Rat von Ihnen holen.
(Beide überlegen lange… Raimund Prüm schüttelt den Kopf) dann frage ich bei Saskia (Andrea) nach: Die gleichen Initialien wie der Gründer des Weingutes Sebastian Alois zu besitzen – ist das mehr Ehre oder Bürde für Sie aus heutiger Sicht, Sie haben das Weingut 2017 übernommen? S.P.: In jedem Fall Ehre und Verantwortung, deren ich mich gerne stelle. Natürlich ist mein Vater eine starke Persönlichkeit, doch ich wusste ja auf was ich mich einlasse. Bevor ich das Weingut übernahm, habe ich schon über 10 Jahr im Betrieb mitgearbeitet. Die Übergabe wurde von meinem Vater in einem 3-tägigen Fest zelebriert – dies war schon eine besondere Wertschätzung für mich.
S.A. PRÜM 2011 Wehlen Sonnenuhr Riesling Alte Reben
Auf was sind Sie besonders Stolz?
S.P.: “Stolz” ist das falsche Wort, es existiert so nicht in meinem Wortschatz, doch ich freue mich natürlich über gute Bewertungen und Auszeichnungen renommierter Magazine wie Falstaff, Feinschmecker oder der Berliner Wein Trophy 2021. Letztlich aber mache ich Weine für Menschen, die sich an unseren Gewächsen erfreuen.
Wie hat Sie das Hochwasser 2021 betroffen, kennen Sie Kollegen, die betroffen waren (und sind)?R.P.: Auf meine Tochter Saskia. Sie hat sich toll in das Unternehmen hineingearbeitet. Nicht ganz leicht mit mir im Hintergrund (schmunzelt).
R.P.: Hochwasser gab es auch bei uns immer wieder. Wenn man an einem Fluss wie der Mosel aufwächst, ist man daran gewohnt. Das Hochwasser 2021 hat uns lediglich gestreift, da hatten wir Glück. Wir kennen natürlich viele Kollegen im Ahrtal, die dieses nicht hatten.
S.P.: Wir haben verschiedenen Kollegen geholfen, z.B. unseren Freunden Meyer-Näkel und Nelles, die ja fast alles verloren haben. An mehreren Tagen habe ich vor Ort geholfen und mitgeschaufelt, um das Leid ein wenig zu mindern. Natürlich haben wir auch die Spendenaktion unterstützt. Nach wie vor sind es dort schlimme Zustände.
Was sind die Ziele für die nächsten Jahre
R.P.: Corona hat uns gezeigt, dass wir uns breiter aufstellen müssen. Durch Lockdown und andere Maßnahmen sind uns Umsätze z.B. in der Gastronomie, sowohl in Deutschland als auch im Ausland weggebrochen.
S.P.: Neue Trends erkennen, ein neues junges Publikum ansprechen. Die Tradition unseres Weingutes nicht vernachlässigen, aber auch moderne, neue Schritte gehen. Dafür war schon mein Vater berühmt (und berüchtigt).